07.05.2013
Liselotte Eder-Fassbinder – Im Gedenken zum 20. Todestag

Liselotte Irmgard Pempeit, später geschiedene Fassbinder und verwitwete Eder, Mutter von Rainer Werner Fassbinder, wurde am 6. Oktober 1922 in Schmiede/Kowall im Verwaltungsbezirk Danzig-Land geboren. Sie war das zweites Kind ihrer Eltern, Agnes und Rudolf Pempeit. Nachdem ihr Bruder, Kurt Pempeit, 1925 geboren wurde wuchs sie bei einem kinderlosen Onkel und dessen Frau auf, vermutlich auch aus ökonomischen Gründen. Wilhelm Schröder war Zollbeamte und kümmerte sich rührend um das oft kränkelnde Kind und vermittelte ihm vor allem Lernen als Spaß und Notwendigkeit im Leben, um eine geistiger Mensch zu werden. Ungeachtet der nationalsozialistischen Tendenz seines Weltbildes, tat er alles um das wissbegierige Kind zu unterstützen. Lieselotte wurde eine sehr gute Schülerin und bestand im März 1941 das Notabitur mit der Note gut. Nach  einjährigem Arbeits-und Kriegshilfsdienst, erhielt sie ein Stipendium und studierte ab März 1942 in München Germanistik, Philologie und Sport. Im November 1943 traf sie dort den noch nicht promovierten Medizinstudenten Helmut Fassbinder, geboren 1918, beim Anstellen für Konzertkarten in der Ludwig-Maximilians Universität in München. Helmut Fassbinder beschreibt Lieselotte als „grosse Liebe meines Lebens“, deren liebreizendes Antlitz ihm sogar eines Abends in Form eines strahlender Sterns über dem Münchner Siegestor erschienen sei. Eine Art von stark konzentrierter Vorstellungskraft, eine Form von „Welt als Wille und Vorstellung“ muss ihm dabei geholfen haben, die der gemeinsame Sohn Rainer Werner, der am 31. Mai 1945 geboren wird, später in gewisser Weise auch auf seine Mutter und viele andere, die er prägte anwandte und die geistige Präsenz und gleichzeitige Bescheidenheit seiner Mutter als Anregung nahm, seine späteren starken Frauen-Charaktere zu gestalten.

Nach der Scheidung von Helmut Fassbinder 1951 und darauf folgende schwere Tuberkulose-Krankheit, die mit längeren Krankhausaufenthalten einher ging, war ihr Sohn nicht unter der Obhut der beiden Familien seiner Eltern aufgewachsen, sondern in wechselnden Schulen, Internaten und Heimen. Gründe warum dies so war, hat sie oft selbst versucht sich zu erklären. Möglicherweise hatte es auch damit zu tun, dass eine Frau, die sich Anfang der Fünfzigerjahre von einem Mann scheiden ließ, immer noch selten war und von der Gesellschaft durch Abgrenzung eher bestraft wurde. Dazu kamen große Schwierigkeiten ihres Sohnes in der Schule. Dreimal wurde er nicht versetzt. Als Liselotte Fassbinder ihren  zweiten Mann, den Journalisten Wolff Eder, 1958 traf, war dies für ihre seelische Gesundheit sicherlich ein großes Glück, für ihren Sohn jedoch ein erneuter Verlust. Später sollte er es so beschreiben: „Sie musste an sich denken! Sie musste sich für einen Partner entscheiden.“ In gewisser Weise ist dies auch eine  Geschichte wie jene in „Die Ehe der Maria Braun“, deren Tragik nicht nur die seiner Mutter, sondern ihrer ganzen Frauen-Generation geworden ist.

Dass Lieselotte Eder in 25 Filmen ihres Sohnes ab 1970 mitwirkte, neben ihrer Vollzeitbeschäftigung in einem wissenschaftlichen Institut in München, anfangs als Programmiererin später auch im Betriebsrat sich engagierte und in ihrer freien Zeit noch die nicht erstellte Buchhaltung des antiteaters nach dessen Zusammenbruch aufarbeitete, daneben noch die vorbereitende Buchhaltung der 1972 neu gegründeten Tango-Film mit besorgte, hatte sie selbst nie als große Leistung bezeichnet. Erschien ihr es als selbstverständlich, ihrem Sohn dabei zur Seite zu stehen in der Not. Alles begann mit der Sorge, einen drohenden Gefängnisaufenthalt zu verhindern, denn das Finanzamt hatte ihn allein als haftend erklärt dafür, dass keine Buchhaltungen und Bilanzen erstellt worden waren, der als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eingestuften Firma antiteater. Nur eine zeitnahe Nacherstellung konnte ihn vom drohenden  Gefängnisaufenthalt retten. Lieselotte Eder sollte alle diese Arbeiten für Ihren Sohn später, im Sinne des von Thomas Manns geprägten Ausdrucks als „berufsethische Bravheit“ bezeichneten  Vorgangs, sich darüber amüsieren, dass sie sich diese Form des Lernens durch das Beilegen der Steuerschwierigkeiten ihres Sohnes beibringen durfte.

Als Belastung empfand sie diese Arbeiten manchmal schon, aber nie  als Ausbeutung. Und  gewiß auch  nicht als „Wiedergutmachung“ ihrer möglichen Versäumnisse oder nicht selbstverschuldeten Abwesenheiten während seiner turbulenten Kindheit. Dass sie darüber hinaus noch die meisten seiner Text-Manuskripte und Drehbücher transkribierte, war für sie eine der schönsten Beschäftigungen, da sie sich „dabei weniger einsam fühle und ihr es großen Spaß  bereite”, wie sie es im Tagebuch fomulierte. Liselotte Eder, die ihren Sohn um 11 Jahre überlebte, hat 1986 die Rainer Werner Fassbinder Fondation (RWFF) gegründet und starb am 7. Mai 1993 in Oberaudorf, unweit von München, an Krebs. Sie hatte bereits 1991 die RWFF an Juliane Lorenz, Fassbinders Lebensgefährtin, langjährige Mitarbeiterin und Cutterin übergeben und sie testamentarisch zur Alleinerbin gemacht. Die Filme, Theaterwerke und Schriften Fassbinders sind in aller Welt präsent und Fassbinders Werk lebt weiter.

Fotos: © RWFF




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