29.10.2012
Vor 40 Jahren: RWFs ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG

Geschichten aus der Welt der Arbeiter, die zur Selbstinitiative anstiften wollen

Am 29. Oktober 1972 flimmerte der erste Teil von Fassbinders fünfteiliger Familienserie über die bundesdeutschen Bildschirme. In der Zeit bis zum 18. März 1973 wurden in der ARD alle Folgen jeweils am Sonntagabend zur besten Sendezeit gezeigt: I. Jochen und Marion, (29.10.1972), II. Oma und Gregor (17.12.1972), III. Franz und Ernst (21.01.1973), IV. Harald und Monika (18.02.1973) und V. Irmgard und Rolf (18.03.1973). Es gab Einschaltquoten vergleichbar mit denen des TATORTS in diesen Jahren von 45 bis 60 %. 

Erzählt wird aus dem Arbeitsalltag einer Gruppe von Werkzeugmachern um den engagierten Jochen (Gottfried John). Zu seiner Kollegenschaft gehören u.a. Manfred (Wolfgang Zerlett), Jürgen (Hans Hirschmüller), Rolf (Rudolf Waldemar Brem) und der Vorarbeiter Franz (Wolfgang Schenck). Eine bereits zugesagte Leistungszulage wird der Gruppe willkürlich wieder gestrichen. Nach dem Tod von Meister Kretzschmer (Victor Curland) möchte Franz die Nachfolge antreten, die Firmenleitung will jedoch jemand anderes. Von außen wird Ernst (Peter Gauhe) geholt. Jochen und Marion (Hanna Schygulla), die bei einer Tageszeitung arbeitet, wollen heiraten. Harald (Kurt Raab) und Monika (Renate Roland) sind bereits verheiratet und haben eine Tochter, Sylvia (Andrea Schober), doch Monika möchte sich scheiden lassen. Oma Krüger (Luise Ullrich) wohnt anfangs noch bei Schwiegersohn Wolf (Wolfried Lier), zieht dann aber mit ihrem Freund, dem verwitweten Rentner Gregor Mack (Werner Finck), zusammen. Sie gründen zudem einen Kindergarten. Fräulein Erlkönig (Irm Hermann) zieht mit ihrem Arbeiterfreund Rolf zu Jochen und Marion.

Fassbinder verquickte bei ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG das populäre Genre der bürgerlichen Familienserie mit den Themen und dem Milieu des sogenannten Arbeiterfilms. Er selbst sagte zur WDR-Serie: „Das, was Jochen und Marion und Oma und Gregor und noch ein paar von dem unterscheidet, was man sonst sich als Arbeiter vorstellt, oder im Fernsehen und sonstwo dafür verkauft bekommt, ist, dass sie noch nicht so kaputt sind.“ („Ein paar unordentliche Gedanken zu Jochen und Marion und …“, in: Fernsehspiele Westdeutscher Rundfunk Juli-Dezember 1972

Die Produktionszeit erstreckte sich über 105 Tage von April bis August 1972. Die Gesamtkosten betrugen 1.375.000 DM. Gedreht wurde u.a. in Wuppertal, Spielorte waren Mönchengladbach und Köln. Es gab Drehbücher für insgesamt acht Folgen, jedoch entschied man sich nach der fünften gegen eine Fortsetzung. Der WDR-Fernsehspielchef Günther Rohrbach begründete dies seinerzeit damit, dass die Serie zu wenig Realität gezeigt habe.

Der Produzent Peter Märthesheimer erhielt für die Konzeption der Serie 1973 den Grimme-Preis.

Zum letzten Male konnte man alle Folgen von ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG 1995 anlässlich des 50. Geburtstags von Rainer Werner Fassbinder im TV-Sender 3sat sehen. 

Für das Jahr 2015 plant die Rainer Werner Fassbinder Foundation den ca. 470-minütigen Fünfteiler komplett zu restaurieren, um ihn dem Publikum neu präsentieren zu können.

Mehr Informationen:

Foto links: © RWFF
Foto rechts: Gottfried John als Jochen und Wolfgang Zerlett als Manfred in ACHT STUNDEN SIND KEIN TAG, 1972 © WDR / RWFF


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